Das Insolvenzverfahrensrecht wird ggf. geändert, da die Regierung sich mit einem bedeutenden Vorhaben an den Conseil d’Etat gewandt hat, das in seinen Grundzügen wie folgt aussieht:

– Ein Schuldner, der tatsächliche oder vorhersehbare Schwierigkeiten glaubhaft macht oder zahlungsunfähig ist, kann beim Gericht die Bestellung eines Schlichters („conciliateur“) beantragen, der mit den Hauptgläubigern über alle Maßnahmen zu verhandeln hat, die geeignet sind, den Fortbestand des Unternehmens zu gewährleisten. Die Bestätigung dieser Vereinbarung durch das Gericht schützt ihn für den Fall, dass später ein Sanierungs- oder Liquidationsverfahren eingeleitet wird.

– Ein Schuldner, der Schwierigkeiten glaubhaft macht, die ggf. zu einer Zahlungseinstellung führen, kann auf gerichtlichem Weg die Eröffnung eines Verfahrens zur Ergreifung von Schutzmaßnahmen („procédure de sauvegarde“) einleiten, das die Aussetzung der individuellen Rechtsverfolgung und die Annahme eines Weiterführungsplans zur Folge hat. Der Weiterführungsplan, der ggf. vom Gericht im Rahmen eines Verfahrens zur Ergreifung von Schutzmaßnahmen oder eines Sanierungsverfahrens bestätigt wird, beinhaltet ggf. einen Schuldennachlass, der bestimmten Kreditinstituten oder Lieferanten vorgeschrieben wird, wenn die Mehrzahl der Kreditinstitute oder Lieferanten diese Lösung wählen und das Gericht sie bestätigt.

– Die gerichtliche Sanierung kann nicht mehr zur Veräußerung des Unternehmens führen, da diese Folge der gerichtlichen Liquidation vorbehalten bleibt.

– Natürliche Personen, die einer individuellen freiberuflichen Tätigkeit nachgehen, können Insolvenzverfahren in Anspruch nehmen.

– Der vorstehenden Kurzbeschreibung lässt sich selbstverständlich nicht entnehmen, wie dieses Vorhaben im Parlament weiter konkretisiert wird.

1. Welche unterschiedliche Arten von Insolvenzverfahren gibt es?

Definiert man Insolvenz dahingehend, dass die Schulden höher sind als das Aktivvermögen, so ist dieser Insolvenzbegriff im französischen Recht unbekannt. In Frankreich wird der engere Begriff der Zahlungseinstellung herangezogen: die Unmöglichkeit für den Schuldner, die fälligen Schulden mit seinen verfügbaren Aktiva zu decken.

Verfahren zur Abwendung der Insolvenz:

  • das Warnverfahren („procédure d’alerte“) : Wenn der Rechnungsprüfer Fakten feststellt, die die Weiterführung des Unternehmens gefährden können, informiert er den Verwaltungsratsvorsitzenden oder den Geschäftsführer der Gesellschaft. In Ermangelung einer zufrieden stellenden Antwort beantragt er eine Verwaltungsratssitzung und informiert den Präsidenten beim Handelsgericht über diesen Antrag. Der Betriebsrat wird über diese Sitzung informiert. Ist das Unternehmen weiter gefährdet, erstellt der Rechnungsprüfer einen Bericht, der der nächsten Hauptversammlung vorgelegt wird. Wird die Weiterführung des Unternehmens durch Beschluss der Hauptversammlung nicht gewährleistet, informiert der Rechnungsprüfer erneut den Präsidenten beim Handelsgericht.
  • Ad-hoc-Bevollmächtigter: Auf Antrag ernennt der Präsident des Gerichts einen Bevollmächtigten („mandataire ad hoc“). Gegenstand und Dauer des Auftrags werden vom Präsidenten nach eigenem Ermessen festlegt.

Das informelle Sanierungsverfahren:

  • der freiwillige Vergleich („règlement amiable“) : Wenn ein Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten gerät oder ein Finanzierungsbedarf besteht, für den das Unternehmen die nötigen Mittel nicht aufbringen kann, ohne zahlungsunfähig zu werden, kann es die Eröffnung eines außergerichtlichen Vergleichsverfahrens beantragen. Der Gerichtspräsident ernennt in diesem Fall einen Schlichter („conciliateur“) , der sich innerhalb von maximal vier Monaten um eine Einigung mit den Gläubigern und den Fortbestand des Unternehmens bemüht. Der Gerichtspräsident kann in dieser Zeit die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger aussetzen. Der Schuldner darf ohne Genehmigung des Präsidenten vor Eröffnung des Verfahrens entstandene Forderungen nicht begleichen und keine Aktiva veräußern. Wenn der Präsident den mit den Gläubigern getroffenen Vergleich bestätigt, werden die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger während der Durchführung des Vergleichs ausgesetzt. Werden die Verpflichtungen aus dem Vergleich nicht erfüllt, kann das in der Folge mit einem Antrag auf Eröffnung des Insolvenz- oder Liquidationsverfahrens befasste Gericht entgegen der Auffassung des Präsidenten des Handelsgerichts davon ausgehen, dass das Unternehmen zum Zeitpunkt des freiwilligen Vergleichs effektiv zahlungsunfähig war.

Die förmlichen Insolvenzverfahren zum Zwecke der Sanierung oder der Liquidation des Unternehmens:

  • Das auf die Sanierung gerichtete Insolvenzverfahren („redressement judiciaire“) soll die Rettung des Unternehmens, die Fortführung der Geschäftstätigkeit und den Erhalt der Arbeitsplätze sowie die Tilgung der Schulden ermöglichen. Das Gericht stellt einen Sanierungsplan („plan de redressement“) auf, der entweder die Weiterführung des Unternehmens vorsieht (mit Fristen für die Gläubiger) oder aber die Übertragung des Unternehmens und seiner Hauptverträge auf einen Dritten, der im Gegenzug bestimmte Verpflichtungen eingeht.
  • Die Liquidation wird eingeleitet, wenn eine Sanierung offenkundig nicht möglich ist. Die Geschäftstätigkeit wird eingestellt oder einem Dritten übertragen. Hierfür gelten flexiblere Bestimmungen als für das Sanierungsverfahren.

2. Welche Voraussetzungen müssen für die Eröffnung der verschiedenen Insolvenzverfahren gegeben sein?

Für Insolvenzen gelten im französischen Recht je nach Art des Schuldners zwei unterschiedliche Regelungen:

  1. Kaufleute, Landwirte, Handwerker und alle juristischen Personen (mit Ausnahme der Miteigentümergemeinschaften) : Für diese Personengruppen gilt das auf die Sanierung wie das auf die Liquidation gerichtete Insolvenzverfahren. Natürliche Personen, die einer freiberuflichen Tätigkeit nachgehen, sind hiervon ausgenommen. Das Verfahren wird eröffnet, wenn der Schuldner zahlungsunfähig ist, d. h. wenn sein verfügbares Vermögen nicht ausreicht, um fällige Schulden zu begleichen.
  2. Natürliche Personen mit nicht gewerblichen Schulden (einschließlich die aus einer Bürgschaftsverpflichtung gegenüber einem Unternehmen entstandenen Schulden, sofern der Bürge nicht zur Unternehmensleitung gehörte) : Voraussetzung für die Eröffnung des Verfahrens sind Redlichkeit und die offensichtliche Unmöglichkeit, für die Gesamtheit der Schulden aufzukommen. Das Verfahren lässt sich wie folgt beschreiben:

Die Person wendet sich an eine Schlichtungskommission, die nach Befragung der Gläubiger eine Bestandsaufnahme der Schulden erstellt und bei Gericht die Aussetzung etwaiger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen beantragen kann. Die Kommission schlichtet zwischen den Parteien und legt einen Schuldenbereinigungsplan vor, der eine Stundung der Schulden, Ratenzahlung oder einen teilweisen Schuldenerlass vorsieht. Scheitert der Schlichtungsversuch, empfiehlt die Kommission einige dieser Maßnahmen für eine Dauer von 10 Jahren oder mehr, wenn sie die Rückzahlung von Krediten betreffen, die für den Erwerb der Hauptwohnung aufgenommen wurden. Stellt sie fest, dass kein pfändbares Einkommen oder keine pfändbaren Vermögensgegenstände vorhanden sind, mit denen ein Teil der Schulden getilgt werden könnte, empfiehlt die Kommission, die Fälligkeit der Schulden auszusetzen. Über Rechtsmittel gegen diese Empfehlungen entscheidet das Gericht.

Wenn die Person neben ihrer Redlichkeit belegt, dass ihre Lage ausweglos ist, d. h. dass es unmöglich ist, die vorgenannten Maßnahmen durchzuführen, kann sie bei Gericht die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens zur Restschuldbefreiung („procédure de rétablissement personnel“) erwirken: Die Gläubiger werden erfasst und die Vermögensgüter bewertet. Der Richter verkündet die gerichtliche Liquidation des persönlichen Vermögens des Schuldners. Er ernennt einen Liquidator, der den Erlös der Aktiva unter den Gläubigern gemäß ihrem Rang aufteilt. Wenn nicht alle Gläubiger befriedigt werden können, wird das Verfahren mangels Masse beendet. Die Beendigung des Verfahrens führt zum Erlöschen aller nicht gewerblichen Schulden mit Ausnahme der Schulden, die auf der Zahlung eines Mitschuldners oder eines Bürgen beruhen.

Handelsrechtliche Insolvenzverfahren können auf Antrag des Schuldners, eines Gläubigers oder der Staatsanwaltschaft eröffnet werden. Das Handelsgericht kann das Verfahren zudem von Amts wegen einleiten.

Das Urteil zur Eröffnung des Verfahrens wird im Handelsregister oder ggf. in der Handwerksrolle vermerkt. Es wird ferner in zwei gesetzlichen Anzeigenblättern veröffentlicht.

3. Welche Rolle spielen die einzelnen Beteiligten?

Für Angehörige der Freien Berufe und Handelsgesellschaften ist das Handelsgericht zuständig, das sich aus gewählten Kaufleuten zusammensetzt. In einigen französischen Departements, in denen es kein Handelsgericht gibt, ist ausnahmsweise das Tribunal de Grande Instance zuständig, das sich aus drei Berufsrichtern zusammensetzt. Im Departement Alsace-Moselle ist die die für Handelssachen zuständige Kammer beim Tribunal de Grande Instance mit einem Berufsrichter besetzt, der den Vorsitz führt, und zwei Kaufleuten als Schöffen. Das Tribunal de Grande Instance ist auch für Landwirte zuständig. Verbraucherinsolvenzen werden vor dem Einzelrichter (Berufsrichter) verhandelt.

Das Gericht prüft, ob das Unternehmen saniert werden kann. Ist dies der Fall, wird ein Sanierungsplan aufgestellt, der entweder die Fortführung des Unternehmens (in diesem Fall werden Zahlungsfristen zur Befriedigung der Gläubiger festgesetzt und das Unternehmen führt seine Geschäftstätigkeit fort) oder seine Veräußerung vorsieht. Ist das Unternehmen nicht sanierungsfähig, ordnet das Gericht die Liquidation an. In diesem Fall werden die Aktiva des Unternehmens global oder einzeln veräußert.

Das Gericht, bei dem das Verfahren eröffnet wird, benennt einen juge-commissaire, der für die zügige Abwicklung des Verfahrens und den Schutz der unterschiedlichen Interessen zu sorgen hat. Er ist insbesondere zuständig für:

– die in der Folge von Eigentumsklagen geltend gemachten Anfechtungen Dritter, die sich als Eigentümer der im Besitz des Schuldners befindlichen Vermögensgegenstände ausgeben

– Beanstandungen, die gegen die Rechtshandlungen der vom Gericht bestellten Bevollmächtigten geltend gemacht werden

– Anfechtungen von Forderungen

– die Anträge des Schuldners oder Verwalters („administrateur“) auf Genehmigung bestimmter Rechtshandlungen während des Verfahrens

– die Bedingungen, zu denen die Vermögenswerte im Fall der Liquidation veräußert werden.

Gegen diese Beschlüsse können Rechtsmittel eingelegt werden.

Im Fall der gerichtlichen Sanierung:

1) Der Verwalter („administrateur“) (seine Ernennung durch das Gericht ist mit Ausnahme von Unternehmen, die mehr als 50 Arbeitnehmer beschäftigen und einen Umsatz über 3 100 000 Euro erzielen, fakultativ) wird vom Gericht aus einer entsprechenden Liste bestellt. Er erstellt einen Bericht über die Sanierungsmöglichkeiten des Unternehmens, übernimmt die Verwaltung des Unternehmens oder unterstützt die Geschäftsführung in der Zeit zwischen der Eröffnung des Verfahrens und dem Sanierungs- oder Liquidationsbeschluss. Wird die Veräußerung des Unternehmens angeordnet, nimmt der administrateur die Veräußerung vor.

2) Der Gläubigervertreter („représentant des créanciers“) , der vom Gericht aus einer entsprechenden Liste ausgewählt wird, unterrichtet die Gläubiger von der Eröffnung des Verfahrens, nimmt ihre Forderungsanmeldungen entgegen und schlägt dem juge-commissaire die Zulassung oder Ablehnung dieser Anmeldungen vor. Er allein ist befugt, im gemeinsamen Interesse aller Gläubiger im Verfahren tätig zu werden.

3) Der Sanierungsprüfer („commissaire à l’exécution du plan“) hat nach der Freigabe des Sanierungsplans die Aufgabe, seine ordnungsgemäße Einhaltung zu überwachen, die Gläubiger zu befriedigen und sich im Fall der Nichteinhaltung an das Gericht zu wenden, um die Aufhebung des Plans zu erwirken.

Im Fall der gerichtlichen Sanierung: Der aus einer entsprechenden Liste ausgewählte Liquidator nimmt die Verwertung der Aktiva vor und zahlt die Gläubiger aus.

Im Fall des Verbraucherinsolvenzverfahrens erstellt der Insolvenzverwalter eine Liste aller Gläubiger, stellt die wirtschaftliche Lage des Schuldners fest, veräußert die Vermögenswerte des Schuldners und bezahlt die Gläubiger.

Pflichten des Schuldners:

Im Fall der gerichtlichen Sanierung kann das Gericht einen Verwalter („administrateur“) bestellen. Es legt seine Aufgaben fest, die in der Unterstützung des Schuldners oder in der alleinigen Verwaltung des Unternehmens bestehen können. Der Schuldner kann über sein Vermögen verfügen, soweit er nicht in Befugnisse des administrateur eingreift. Rechtsgeschäfte, die er im Rahmen der laufenden Geschäfte tätigt, sind gutgläubigen Dritten gegenüber wirksam. Er ist jedoch nicht berechtigt, vor der Verfahrenseröffnung entstandene Forderungen zu begleichen (außer durch Aufrechung konnexer Forderungen).

Wird kein Verwalter bestellt, verwaltet der Schuldner allein sein Unternehmen und bereitet den Entwurf eines Sanierungsplans vor.

Im Fall der gerichtlichen Liquidation wird dem Schuldner bis zur Beendigung des Verfahrens die Verfügungsgewalt über sein Vermögen entzogen. Die Rechte des Schuldners werden vom Liquidator wahrgenommen. Der Schuldner kann lediglich die ihm eigenen Rechte ausüben einschließlich der Rechte, die nicht zur Insolvenzmasse gehören.

Im Fall des Verbraucherinsolvenzverfahrens wird dem Schuldner die Verfügungsgewalt über sein Vermögen entzogen, solange das Verfahren nicht beendet ist. Der Liquidator nimmt die Rechte des Schuldners an dessen Stelle wahr.

Rechte der Gläubiger und Rechtsmittel:

Die Gläubiger müssen ihre Forderungen beim Gläubigervertreter anmelden. Vor der Eröffnung des Verfahrens eingeleitete individuelle Rechtsverfolgungsmaßnahmen werden von Amts wegen eingestellt.

Jeder Gläubiger ist berechtigt, Berufung gegen den Beschluss einzulegen, mit dem die Forderung abgelehnt wird. Einzig Gläubiger, die ihre Forderungen angemeldet haben, sind berechtigt, Berufung gegen ein Urteil einzulegen, mit dem ein Verfahren eröffnet oder seine Eröffnung abgelehnt wird.

4. Welche Folgen hat die Eröffnung des Verfahrens?

  • Die Eröffnung des Verfahrens bewirkt die Aussetzung individueller Rechtsverfolgungsmaßnahmen wegen Forderungen, die vor Eröffnung des Verfahrens entstanden sind, sowie das Verbot zur Begleichung dieser Forderungen und die Weiterführung der laufenden Verträge, sofern die folgenden Zahlungstermine eingehalten werden. Entlassungen bedürfen der Genehmigung des juge-commissaire.
  • Gleich nach Eröffnung des Verfahrens wird eine Aufstellung des Schuldnervermögens angefertigt. Vermögensgegenstände, die sich lediglich im Besitz des Unternehmens befanden, können von ihren Eigentümern umgehend zurückgefordert werden.
  • Im Fall der gerichtlichen Sanierung ist der Schuldner weiterhin zur Verwaltung und Verfügung über sein Vermögen berechtigt. Im Fall der Liquidation werden die Rechte des Schuldners – abgesehen von seinen rein persönlichen Rechten – vom Liquidator ausgeübt.
  • Alle Forderungen sind vorbehaltlich der aus einem Arbeitsvertrag entstandenen Forderungen anzumelden.
  • Neben den im ersten Absatz genannten Maßnahmen gibt es keine besonderen einstweiligen Maßnahmen. Über Vermögensgegenstände, die Gegenstand von Sicherungsmaßnahmen wie die Sicherungspfändung und die gerichtlich angeordnete Sicherheitsleistung (wie Hypotheken, Pfandrecht am Unternehmen („nantissement du fonds de commerce“) , an Gesellschaftsanteilen, Wertpapieren usw.) sind, kann nicht mehr verfügt werden. Solche Sicherungsmaßnahmen müssen daher für nichtig erklärt werden, wenn sie vom Schuldner nach dem Zeitpunkt der Zahlungseinstellung veranlasst wurden.
  • Pfändungsbescheide des Finanzamts an Drittschuldner („avis à tiers détenteurs“) sowie Pfändungen aufgrund eines gerichtlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an Drittschuldner („saisies-attributions“) bleiben von der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens unberührt.
  • Für Verbraucherinsolvenzverfahren gelten dieselben Regeln.
  • Wie ein Beschluss über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach Maßgabe von Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung vom 29. Mai 2000 ergangen ist, in Frankreich bekannt zu machen ist, ist gesetzlich noch nicht geregelt; die Bekanntmachung ist aber aufgrund der Direktwirkung dieser Verordnung obligatorisch. In einem Dekretsentwurf ist vorgesehen, dass für die Bekanntmachung die Geschäftsstelle des Handelsregisters zuständig sein soll.

5. Welche besonderen Regeln gelten für die einzelnen Forderungsarten?

  • Dingliche Rechte Dritter: Alle Gläubiger, die Inhaber eines dinglichen Rechts sind (das heißt einer Hypothek oder eines Pfands, durch die ein Vorzugsrecht auf den Verkaufspreis der Sache und/oder ein Folgerecht gewährt wird) , sind verpflichtet, ihre Forderung anzumelden. Die Rechtsverfolgung wird ausgesetzt.
  • Aufrechnung: Stehen sich zwei Personen gleichzeitig als Gläubiger und Schuldner gegenüber, können sie ihre Forderungen gegeneinander aufrechnen, so dass ihre Schulden in Höhe des niedrigsten Betrags erlöschen. Der Gläubiger kann die Aufrechnung von sich aus und ohne Genehmigung vornehmen, sofern es sich um konnexe Forderungen handelt.
  • Eigentumsvorbehalt: Haben Verkäufer und Käufer einen Eigentumsvorbehalt vereinbart wird, so bleibt der Verkäufer bis zur vollständigen Begleichung des Kaufpreises Eigentümer. Das Insolvenzverfahren lässt seine Rechte unberührt.
  • Arbeitsverträge (siehe Ziff. 7) : Arbeitnehmer brauchen ihre Forderungen nicht anzumelden.
  • Es gibt einen nationalen Garantiefonds für Arbeitnehmer („Fonds national de garantie des salaires“) , der binnen ausgesprochen kurzer Fristen, die von der Art der Gehaltsforderung und dem Datum ihres Entstehens (vor oder nach der Eröffnung des Verfahrens) abhängen, einen Vorschuss auf Gehaltsforderungen leistet. Der Fonds garantiert die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fälligen Gehälter, nicht aber die ausstehenden Gehälter zwischen der Verfahrenseröffnung und der Annahme des Sanierungsplans. Im Fall der Liquidation werden die Gehälter grundsätzlich nur bis zu dem Betrag garantiert, der in den fünfzehn Tagen nach der Liquidation fällig wird. Abfindungen werden nur garantiert, wenn die Beendigung des Arbeitsvertrags binnen fünfzehn Tagen nach der Liquidation oder binnen einem Monat nach der gerichtlichen Bestätigung des Sanierungsplans erfolgt.

6. Welche Regeln gelten für benachteiligende Handlungen?

Zwischen der gerichtlich festgestellten Zahlungseinstellung und der Verfahrenseröffnung („période suspecte“) sind bestimmte Rechtshandlungen des Schuldners nichtig. Dieser Zeitraum darf vom Gericht nicht über achtzehn Monate vor der Verfahrenseröffnung hinaus verlängert werden.

Alle entgeltlichen Rechtsgeschäfte, die während dieses Zeitraums getätigt werden, können für nichtig erklärt werden, wenn der Vertragspartner Kenntnis von der Zahlungseinstellung hatte. Das Gericht kann über die Zweckmäßigkeit dieser Nichtigkeitserklärung nach eigenem Ermessen entscheiden.

Bestimmte Rechtshandlungen, die im Gesetz erschöpfend aufgeführt sind, müssen für nichtig erklärt werden, wenn sie während der „période suspecte“ getätigt worden sind. Dies gilt unabhängig davon, ob dem Vertragspartner die Zahlungseinstellung bekannt war oder nicht. Dabei handelt es sich insbesondere um Verträge, die den Gläubiger deutlich übervorteilen, die Befriedigung von Forderungen durch unübliche Leistungsmittel, die Bestellung einer Hypothek zur Absicherung bestehender Forderungen sowie unentgeltliche Verfügungen.

7. Welche Bedingungen gelten für die Anmeldung und Feststellung von Forderungen?

1) Prüfung der Forderungen:

Der Gläubigervertreter informiert die bekannten Gläubiger, dass sie ihre Forderungen anzumelden haben. Der Schuldner ist verpflichtet, ihm die Liste der Gläubiger auszuhändigen.

Alle Gläubiger – mit Ausnahme der Arbeitnehmer – müssen ihre Forderungen binnen zwei Monaten nach Veröffentlichung des Eröffnungsurteils anmelden. Danach erlöschen sie, es sei denn, der Gläubiger beweist, dass er für die Nichterfüllung der Frist nicht verantwortlich ist.

Forderungen, die nicht angemeldet wurden und nicht Gegenstand eines Antrags auf Aufhebung der Rechtsverwirkung („relevé de forclusion“) waren, erlöschen.

Der Gläubigervertreter prüft die einzelnen Forderungen und übermittelt sie mit seinem Vorschlag auf Anerkennung oder Ablehnung dem juge-commissaire zur Entscheidung. Beabsichtigt er, eine Forderung abzulehnen, setzt er den betreffenden Gläubiger davon in Kenntnis. Sofern dieser nicht binnen einer Frist von dreißig Tagen antwortet, ist er nicht mehr berechtigt, den Vorschlag des Gläubigervertreters anzufechten.

Jeder Beteiligte ist berechtigt, gegen den Beschluss des juge-commissaire Rechtsmittel einzulegen.

Die Gehaltsforderungen werden geprüft und vom Gläubigervertreter anhand der ihm vorliegenden Belege bestätigt. Er informiert die Arbeitnehmer über die Hinterlegung der Forderungsaufstellung, die von den Beteiligten binnen zwei Monaten vor dem Arbeitsgericht angefochten werden kann.

2) Rang der Forderung

Bei Forderungen, die mit einem Befriedigungsvorrecht ausgestattet sind, werden Gläubiger vorrangig aus dem Vermögen des Schuldners oder aus Teilen seines Vermögens (beispielsweise aus seinem beweglichen Vermögen oder aus einem Pfandgegenstand) befriedigt.

Bei einfachen Insolvenzforderungen hingegen wird der Gläubiger erst nach den Vorzugsgläubigern befriedigt. Ein Vorrecht kann bekannt gemacht werden oder nicht (z. B. das „Superprivileg“ der Arbeitnehmer). Im Insolvenzverfahren gilt der Grundsatz der Gleichheit aller Gläubiger, deren Forderungen nicht bevorrechtigt sind: Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bilden die Gläubiger eine Gemeinschaft und können ihre Ansprüche nicht mehr individuell in Konkurrenz zu anderen Gläubigern geltend machen. Vorzugsgläubiger genießen im Insolvenzverfahren hingegen üblicherweise besonderen Schutz.

Nach Eröffnung des Verfahrens entstandene Forderungen werden im Prinzip vor den Forderungen befriedigt, die vor der Verfahrenseröffnung entstanden sind, auch wenn diese bevorrechtigt sind.

Dazu gibt es mehrere Ausnahmen:

– Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens werden die Gerichtskosten und die Gehälter für die letzten sechzig Tage vor der Verfahrenseröffnung vor den nach der Eröffnung des Verfahrens entstandenen Forderungen bezahlt.

– Endet das Verfahren mit einer Liquidation, werden die gesicherten Forderungen ebenfalls vor den nach der Verfahrenseröffnung entstandenen Forderungen beglichen.

8. Welche Regeln gelten für Sanierungsverfahren?

Eine Sanierung kann in der Fortführung des Unternehmens oder seiner Veräußerung bestehen.

– Fortführung des Unternehmens

Der Plan zur Fortführung des Unternehmens sieht einheitliche Zahlungsfristen vor, die ggf. über 10 Jahre hinausgehen. Er wird vom Gericht auf Vorschlag des Verwalters bestätigt. Die Gläubiger werden lediglich gehört; sie können den Plan nicht anfechten. Ein Forderungsverzicht kann ihnen allerdings nicht abverlangt werden.

– Veräußerung

Jede Person, die nicht zur Unternehmensleitung gehört oder nicht mit einem Mitglied der Unternehmensleitung verwandt ist, ist berechtigt, ein Übernahmeangebot zu machen.

Das Angebot kann sich auf das gesamte Unternehmen oder auf bestimmte Geschäftsbereiche beziehen. Dritte werden hiervon nicht unterrichtet.

Das Gericht wählt das Angebot aus, das am ehesten die dauerhafte Erhaltung der Arbeitsplätze und die Zahlung an die Gläubiger gewährleistet.

Bei der Bestätigung des Veräußerungsplans verweist das Gericht auf die Pflichten, die der Erwerber im Hinblick auf die künftige Geschäftstätigkeit, die Modalitäten des Fortbestands des Unternehmens und die Bereinigung der Passiva übernommen hat.

Dem Plan ist neben den Tätigkeiten und Berufsgruppen die Anzahl der Arbeitnehmer zu entnehmen, deren Entlassung genehmigt wird.

Die für die Weiterführung der Geschäftstätigkeit erforderlichen Verträge werden dem Erwerber übertragen.

Dieser ist zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet. Er erwirbt das Unternehmen grundsätzlich forderungsfrei mit Ausnahme der Raten zur Finanzierung eines im Plan aufgeführten pfandrechtlich abgesicherten Vermögensgegenstands.

Das Gericht kann die Durchführungsmodalitäten und Ziele des Plans zu einem späteren Zeitpunkt in wesentlichen Punkten ändern.

9. Was ist ein Liquidationsverfahren?

Wenn die Gegenstände eine Produktionseinheit („unité de production“) bilden (die von der Rechtsprechung als eine Gesamtheit materieller und personeller Mittel definiert wird, die die Weiterführung oder die Aufnahme einer Wirtschaftstätigkeit ermöglichen) , können sie als Ganzes veräußert werden. Der Liquidator holt die Angebote ein, die von allen Beteiligten eingesehen werden können. Der juge-commissaire wählt das Angebot aus, das am seriösesten erscheint und unter bestmöglichen Bedingungen die dauerhafte Erhaltung der Arbeitsplätze und die Befriedigung der Gläubiger ermöglicht.

Einzelne Vermögensgegenstände, die keine Produktionseinheit bilden, werden auf Beschluss des juge-commissaire in einem freihändigen Verkauf veräußert oder versteigert.

Der Verkaufserlös wird vom Liquidator verteilt. Dabei muss er insbesondere durch Grundpfandrechte gesicherte Forderungen, die generell vorrangigen Gerichtskosten und die Forderungen des Garantiefonds der Arbeitnehmer (der einen Vorschuss auf die Gehaltsforderungen der Arbeitnehmer leistet und Anspruch auf Erstattung dieser Vorleistung hat) berücksichtigen. Alle anderen Gläubiger werden erst abgefunden, wenn die Vorzugsgläubiger vollständig befriedigt worden sind.

10. Welche Bedingungen gelten für die Beendigung des Verfahrens?

Das Verfahren wird beendet, wenn alle Forderungen befriedigt wurden oder die Fortsetzung des Liquidationsverfahrens mangels Masse unmöglich ist. Das Gericht kann jederzeit angerufen werden oder sich der Sache von Amts wegen annehmen. Der Liquidator legt seine Abschlussrechnung vor, der die Transaktionen zur Verwertung der Aktiva und Passiva sowie die Verteilung der Erlöse zu entnehmen sind. Der Schuldner kann sie anfechten.

Grundsätzlich ist der Schuldner als natürliche Person im Anschluss an das Liquidationsverfahren voll rechtsfähig und kann nach Beendigung der Liquidation jedwede neue berufliche Tätigkeit aufnehmen. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Gericht beschließt, ihm wegen fehlerhafter Geschäftsführung („faute de gestion“) oder die Gläubiger benachteiligender Handlungen, die abschließend im Gesetz aufgeführt sind (z. B. Fortführung eines defizitären Unternehmens, Unterschlagung von Aktiva, missbräuchliche Erhöhung der Verbindlichkeiten des Unternehmens, Abfindung von Gläubigern nach Zahlungseinstellung, grobe Verletzung der Buchführungspflichten) , jede weitere Geschäftsführung (für die Dauer von mindestens 5 Jahren und ohne Obergrenze) zu untersagen oder ihm eine Maßnahme im Rahmen der persönlichen Insolvenz („faillite personnelle“) aufzuerlegen.

Grundsätzlich sind die Gläubiger nicht berechtigt, gegen den Schuldner nach Abschluss der Liquidation gerichtliche Schritte zu unternehmen. Dies gilt jedoch nicht, wenn ihm das Gericht die Geschäftsführung untersagt oder Maßnahmen im Rahmen der persönlichen Insolvenz auferlegt hat oder auch, wenn der Gläubiger Betrug nachweist (z.B. die Tatsache, dass der Schuldner den Liquidator nicht über das Bestehen der Forderung informiert hat) oder sich auf eine strafrechtliche Verurteilung aus Gründen beruft, die nicht mit der Berufstätigkeit in Verbindung stehen.

Die Gläubiger können sich jederzeit an die Bürgen des Schuldners halten.

Quelle
Europäisches Justizielles Netz für Zivil- und Handelssachen
Insolvenz Frankreich

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